Warum Progesteron müde macht – und warum manche Frauen darauf extrem reagieren
🟩 Kurzantwort: Warum macht Progesteron müde?
Progesteron macht müde, weil es das stärkste nervenberuhigende Hormon des Körpers ist.
Es verstärkt über GABA das Bremssystem des Gehirns und schickt das gesamte Nervensystem in einen tiefen Entspannungsmodus.
Abends ist das wohltuend – tagsüber kann es zu einer überwältigenden Müdigkeit führen.
Viele Frauen kennen das Gefühl: Sobald Progesteron steigt – sei es in der Lutealphase oder durch bioidentisches Progesteron – kommt diese tiefe, warme Müdigkeit.
Manche schlafen wunderbar durch, andere werden so müde, dass sie kaum noch die Augen offenhalten können.
Bei mir ist das anders.
Ich merke nach der Einnahme von Progesteron erstmal gar nichts – weder eine angenehme Schläfrigkeit noch eine Verbesserung meines ohnehin etwas brüchigen Schlafs. Progesteron berührt diese Problematik bei mir schlicht nicht.
Umso überraschender war ein Erlebnis, das ich kürzlich zweimal hatte:
Normalerweise nehme ich mein Progesteron kurz vor dem Einschlafen und spüre absolut nichts davon. Doch zweimal habe ich es bereits gegen 17 Uhr genommen – und die Wirkung hat mich schlagartig „umgehauen“: Ich konnte nicht mehr stabil stehen, war benommen, wacklig auf den Beinen und fühlte mich wie betrunken.
Ein starker Kontrast zu den Abenden, an denen ich es einnehme und keinerlei Müdigkeit verspüre.
Dieses Erlebnis hat mich neugierig gemacht:
Warum macht Progesteron müde – und warum reagieren manche Frauen (wie ich in diesem Fall) unter bestimmten Umständen so heftig darauf?
Hier kommt die klare, wissenschaftlich fundierte Antwort.
Progesteron ist das stärkste neuro-beruhigende Hormon im Körper
Progesteron wird im Körper zu sogenannten Neurosteroiden umgewandelt – vor allem zu Allopregnanolon.
Diese Substanzen wirken im Gehirn an den GABA-A-Rezeptoren, den wichtigsten entspannenden Schaltstellen des Nervensystems.
Was ist GABA?(leicht erklärt)
GABA (Gamma-Aminobuttersäure) ist der wichtigste beruhigende Neurotransmitter im Gehirn – das natürliche Bremspedal des Nervensystems.
GABA sorgt für:
gedämpfte Stressreaktionen
ruhige Gedanken
entspannte Muskulatur
tiefe innere Ruhe
Vorbereitung auf Schlaf
Progesteron verstärkt die Wirkung von GABA.
➡️ Deshalb macht es müde – und bei manchen Frauen extrem müde..
Progesteron richtig einnehmen: Warum die Uhrzeit entscheidend für die Wirkung ist
Abends → Progesteron unterstützt den natürlichen Schlafmodus
In den Stunden vor dem Schlafengehen passiert im Körper:
Cortisol sinkt
Melatonin steigt
das Nervensystem fährt herunter
Wenn du Progesteron 30–60 Minuten vor dem Schlafengehen einnimmst, fügt es sich perfekt in diesen Prozess ein.
Viele Frauen spüren die Müdigkeit dann kaum oder gar nicht – so wie ich.
Nachmittags oder früher Abend → Progesteron trifft auf einen aktiven Körper
Zwischen ca. 15 und 19 Uhr befindet sich der Körper noch im Wachmodus:
aktiv
konzentriert
leistungsbereit
Wenn du Progesteron in dieser Phase einnimmst, entsteht ein biologischer Konflikt:
Dein Gehirn bekommt ein massives Schlafsignal – aber dein Alltag läuft noch.
Das kann sich heftig anfühlen:
Schwindel
Benommenheit
Watte-Gefühl
wackelige Beine
das Gefühl, „betrunken“ zu sein
Genau das ist mir passiert:
Ich stand noch auf den Beinen – und Progesteron hat mein Nervensystem innerhalb von ca. 15 -30 Minuten in den Schlafmodus gedrückt.
Das ist nicht gefährlich, aber sehr unangenehm.
Warum manche Frauen besonders empfindlich auf Progesteron reagieren
Der Zeitpunkt ist entscheidend – aber nicht der einzige Faktor.
1. Unterschiedliche GABA-Empfindlichkeit
Einige Gehirne reagieren sehr sensibel auf Neurosteroide.
Für diese Frauen wirkt Progesteron wie ein starkes, natürliches Beruhigungsmittel.
2. Niedrige Grundspiegel (Progesteronmangel)
Wenn Progesteron ohnehin niedrig ist, wirkt jede Gabe intensiver – vergleichbar mit Alkohol auf nüchternen Magen.
3. Einnahmeform & Dosierung
Kapseln wirken systemischer und stärker
Cremes oft sanfter
Zu hohe Dosen können eine überwältigende Müdigkeit auslösen.
4. Stresslevel & Nervensystem
Wenn du zuvor gestresst oder überreizt bist, wirkt Progesteron wie ein besonders starker Entspannungsimpuls.
⭐ Wichtiger Hinweis zur Hormonersatztherapie
Bevor wir zu den Tipps kommen, ein kurzer, aber wichtiger Punkt:
Progesteron gehört in der Hormontherapie immer in einen größeren Zusammenhang.
Progesteron ist verschreibungspflichtig – und es wird nie isoliert „einfach so“ eingesetzt.
Warum?
👉 Progesteron ist der natürliche Gegenspieler von Östrogen.
In der Hormontherapie (HRT) schützen beide Hormone gemeinsam den Körper, vor allem die Gebärmutterschleimhaut.
Deshalb gilt:
Östrogen + Progesteron gehören zusammen,
Progesteron allein ist medizinisch nur in ausgewählten Sonderfällen sinnvoll.
Dieser Hinweis ist wichtig, damit Frauen nicht denken:
„Ach, ich nehme einfach Progesteron für meinen Schlaf.“
Selbst wenn niedrige Progesteronspiegel eine Rolle spielen:
Die Diagnose und Dosierung gehören immer erstmal in fachkundige Hände.
Was du daraus mitnehmen kannst
Progesteron idealerweise abends einnehmen, 30–60 Minuten vor dem Zubettgehen.
Progesteron nur dann einnehmen, wenn du danach wirklich zur Ruhe kommen kannst.
Bei starker Sedierung: Dosis oder Einnahmeform prüfen lassen.
Wenn du abends nichts spürst:
Das bedeutet nicht, dass Progesteron „nicht wirkt“, sondern dass dein Gehirn die GABA-Wirkung gut integriert.
Ein lohnender Blick zum Schluss: Warum Progesteron ab 40 schon sinken kann
Die meisten Frauen denken an die Wechseljahre als etwas, das mit Mitte bis Ende 40 beginnt.
Doch hormonell verändert sich vieles schon früher.
Was die Perimenopause ?
Die Perimenopause ist die Übergangsphase vor der Menopause – oft mehrere Jahre lang.
Sie beginnt bei vielen Frauen zwischen 38 und 42, auch wenn der Zyklus noch völlig regelmäßig ist.
Das Entscheidende dabei:
⭐ In der Perimenopause sinkt Progesteron oft als erstes.
Schon Jahre bevor Östrogen unruhig wird.
Das kann erklären, warum manche Frauen:
sensibler werden
schlechter schlafen
innerlich unruhiger werden
emotionaler reagieren
oder Progesteron stärker (oder schwächer) spüren als andere
Der US-Gehirn- und Hormonexperte Dr. Daniel Amen weist immer wieder darauf hin, dass viele Frauen ab 40 bereits mit einem beginnenden Progesteronmangel zu tun haben – ohne es zu merken.
Sein Hinweis ist simpel, aber wertvoll:
„Wenn sich Schlaf, Stressresilienz oder Stimmung ab 40 verändern, lohnt sich ein Blick auf das Progesteron.“
Damit ist nicht gesagt, dass jede Frau Progesteron nehmen sollte – aber es erklärt, warum die Reaktionen so unterschiedlich ausfallen können.
Kurz gesagt
Progesteron macht müde, weil es das beruhigendste Hormon des Körpers ist und über GABA das Nervensystem in einen tiefen Entspannungsmodus schickt.
Abends ist das wohltuend – tagsüber kann es zu einer überwältigenden Müdigkeit führen.
Extreme Reaktionen entstehen meist durch frühe Einnahme, individuelle Sensitivität oder hormonelle Ausgangslage.